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Rückblick auf 25 Jahre Kampf um ​ein Land- und Meeresreservat

 im Fischerdorf Prainha do Canto Verde 

Nicht zuletzt ging es seit der Gründung ihres Dorfes um die Existenz . Es liegt inmitten einer rund 570 km langen Küstenlinie mit endlosen Sandstränden, Dünen und steilabfallenden Küstenabschnitten.

Schon seit Jahrzehnten erzählen die einheimischen Fischer der internationalen Presse und Wissenschaft von ihrem Kampf um die 2009 gegründete Land- und Meeresschutzzone  RESEX

-​ auch mir.  

Die Prainhaner galten aber seit Anfags 2000 durch den Ausbau eines lokalen, umweltfreundlichen Tourismus weltweit als Vorzeige-Dorf. 

2004

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Vor Jahrzehnten habe ich in Prainha meine Co-Autorin Sandra Weiss zum ersten Mal getroffen. Sie schrieb über die damaligen Hauptthemen:"Lokaler Tourismus" und "Langusten-Piraten" für viele Zeitungen. Auch ich habe über mehr als zwei Jahrzehnte mehrere Monate pro Jahr in Prainha verbracht, das Dorf beobachtet und darüber an veschiedenen TV Stationen und Fimfestivals berichtet. 

Das Meeresreservat wurde ursprünglich vor allem zum Schutze gegen die Piraterie in der Langustenfischerei gegründet; bis vor rund einem Jahrzehnt die Haupteinnahme der Fischer von Prainha!

Damals verdienten sie immer noch einen Teil ihres Lebensunterhaltes mit der Langusten-Fischerei auf kleinen flachen traditionellen Segelbooten, Jangadas genannt. Seit 50 Jahren versuchen sie, den Angriff der „Langusten-Piraten und Landhaie" abzuwehren, verlieren aber im wahrsten Sinne des Wortes immer mehr an Langusten und Boden. Die Fischer haben und hatten einflussreiche Feinde, die das Überleben des Dorfes im Meeres- und Landschutzgebiet, dem sog. RESEX, bedrohen, sogar das Dorf spalten.

In Prainha do Canto Verde hat sich das Krisengebiet weg vom Meer auf die Landfrage verlagert.

Zusammen haben wir den Fortschritt seit der Gründung, sowie neu auftretende Probleme und Konflikte, über Jahrzehnte hinweg verfolgt, unter anderem auch wie der Oligarch Tales de Sé Cavalcante vor Jahrzehnten mit illegalen Papieren eine Villa baute und mittels korrupten finanziellen Mitteln die Gemeinde Prainha do Canto Verde spaltete.

2022 / 23

Persönliche Schlussfolgerungen

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Lindomar, einer unserer alten Bekannten und Interviewpartner, betont, dass die Einheimischen heute, im Jahre 2022/23, nicht mehr mit Journalisten und Wissenschaftlern reden wollen, vor allem nicht mit der "alten europäischen, neokolonialistischen Garde". Obwohl letztere, die über viel lokales Vorwissen verfügt, das Dorf heute heute als „ärmer“ einstuft, wird ihr hier eine Art „Weissnasen-Kolonialismus " vorgeworfen. Vielleicht heutzutage nicht zu unrecht. Was damals fortschrittlich und umweltschonend galt, hat heute ausgedient. Dabei unterschlägt Lindomar, dass das Dorf 30 Jahre lang erhebliche Unterstützung von der europäischen Presse, Wissenschaft und NGO's bekam, was nicht zuletzt zur Gründung des RESEX führte. Einiges vom Wissenstransfer ist hängengeblieben, anderes nicht.

Die Prainhaner sind der Interviews, der Vorzeige-Rolle ihres Dorfes müde. Sie sind „flügge“ geworden!

 

"Nur jemand, der hier wohnt, kann beurteilen, wie gut es um Land und Meer, um die Lebens-Qualität steht" sagt Lindomar.

Stimmt. Verloren gegangen ist aber auch der Gemeinschaftssinn der ersten Jahre. Dafür haben sich Egoismus, und Neid breit gemacht.

2022

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Besonders unter Präsident Jair Bolsonaro (2019-2023) breitete sich Angst vor der Unterwanderung durch rechte lokalpolitische Seilschaften aus. Die Angst vor lokalpolitischen rechten Seilschaften prägt schon seit langem das Dorfgespräch von Prainha. Das vergiftete das Dorfklima. Die Jugend interessiert sich weniger für das Schutzgebiet, einige - auch Fischer - sind drogenabhängig geworden. Auch unter dem neuen Präsidenten „Lula“ da Silva sind die Erfolgsaussichten für den Erhalt des RESEX in Prainha leider nicht gerade rosig. Die Zukunft des RESEX ist ungewiss.

 

Nicht nur aus europäischer Sicht: 

2023

Heute ist die Jugend in Internet zugänglichen touristischen Berufen gut ausgebildet, was den von europäischen NGOs gesponserten „Lokal-Tourismus-Projekten" in den ersten Jahren nach der RESEX Gründung zu verdanken ist. Auch heiraten jungen Frauen später und sind berufstätig. Vielmals suchen sie Jobs in einer nahen Stadt, aber die meisten wollen trotzdem noch in Prainha leben. 

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Die Jungs sind zwar stolz auf ihre Fischerväter, helfen ab und zu mal bei Start und Landung von Vaters Jangada, sind aber höchstens noch „Hobbyfischer“. Anstatt wie ihre Väter schon sehr jung auf hoher See zu fischen, messen sie sich lieber mit selbstgebastelten Modellen im seichten Wasser.

Einheimische geben dem Tourismus die Schuld

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für die Ausbreitung von Drogen

Einst ein weltweites Vorbild für lokalen Tourismus als Zusatzeinkommen, leben die Prainhaner inzwischen fast ausschliesslich von lokalem Tourismus. Werden die juristisch festgehaltenen RESEX Regeln freilich weiter ignoriert, stellt dies den "lokalen" Tourismus ohnehin in Frage. Dazu kommt noch ein weiteres zeitgenössisches Problem:

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Unterdessen konsumiert nicht nur die Jugend Drogen, auch die einheimischen Fischer nehmen neue Designerdrogen und Crack. Lindomar, lokaler Aktivist und Mitglied des "alten" Einwohnervereins, gibt die Schuld am Auftauchen der Drogenmafia im Dorf den ausländischen Touristen - ohne Namen zu nennen.

 

"Wo es Drogenkonsumenten gibt, gibts auch einen Handel"!

 

Und ja, - der Staat Cearà ist der grösste internationale Umschlaglatz von Drogen in ganz Brasilien.

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Kontrolle über den Erhalt des RESEX wird aber Prainha do Canto Verde nicht von weiteren Naturgefahren schützen; weder vor dem Klimawandel noch vor regelmässigen Klimaphänomenen wie „El Niño und El Niñha“, vor Versäuerung des Meerwassers, Anstieg der Wassertemperatur und des Meeresspiegels. 

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