top of page

Urheberrecht  
Indigener Heilpflanzen  

Die Provinz Misiones in Argentinien hat 2022 nebst anderen Alternativen Heilungsarten die "Indigene Medizin" anerkannt und freigegeben. Pro und Contra.

Charlotte Eichhorn

aus

Was heisst das für eine Indigenen Gemeinschaft? Profitiert sie davon, verliert sie dabei, wie wird das umgesetzt? Alles ist noch offen.

 

In einem Land wie Argentinien, wo momentan die jährliche Inflation des Pesos auf 140 & angestiegen ist, sind auch kleine Einkommen wichtig, auch für die Indigenen, deren finanzielles Überleben meist von Frauenarbeit abhängt.  .

Da wo es noch Wald mit offiziellen indigenen, meist abgelegenen Gemeinschaften gibt, kommt ein nicht-indigener argentinischer Patient, der sich für indigene Heilkräuter interessiert, meist nicht hin. In der Nähe einer grösseren Gemeinde mit Zufahrtstrassen gibt es vielmals keinen Wald mehr. 

mutter_edited_edited.jpg

Elsa Ortega

Kräuterfrau

ist Mby'a-Guaraní, Mutter von Jorgelina Duarte

Jachuka Rete.jpeg

Jorgelina Duarte

ist Mby'a-Guaraní,

und Delegierte des Guaraní-Dachverbandes CCNAGUA.

Ihren Lebensunterhalt verdient sie als Guaraní -Sprach-Lehrerin in einer interkulturellen Mb'ya- Guaraní Schule.

Ihr verstorbener Großvater war einer der bekanntesten Schamanen der Mby'a-Guaraní.

Sie vermisst ihn sehr.

Nicht alle indigenen Frauen haben das Wissen

von lokalen Heilpflanzen; es kommt drauf an mit wem und wo sie aufgewachsen sind.

Die Mby'a-Guaraní Kräuterfrau Elsa und ihre Tochter Jorgelina haben Glück. Sie wohnen im abgelegenen indigen- anerkannten Dorf Tamandua in den Bergen im Bundesstaat Misiones. Im dorfnahen Wald finden sie über ein Dutzend wichtiger Heilpflanzen innerhalb von ein paar Stunden. Kräuterfrau Elsa ist noch eine der wenigen Kennerinnen von lokalen Heilpflanzen in ihrem Gebiet. 

 

Ein paar Beispiele um die Vielfalt aufzureihen.

Eigene Verkaufskanäle?

Jorgelinas Wunsch wäre eigene Verkaufslaäen in indigenen Gemeinden, so wie in Brasilien bereits in vielen Bundesstaaten vorhanden.

Auch nach 30 Jahren betreibt eine staatliche indigene Sekundarschule einen Kräutergarten mit Heilpflanzen auf einer abgelegenen Insel im Amazonas im unteren Einzugsgebiet ins Meer. Der Abgeschiedenheit wegen, haben sie ihren professionell ausgestatteten Laden in die Grosstadt Macapa im Bundestaat Amapa verlegt. Diese hat dank Hilfe von NGO s sogar die Zeit der Bolsonaro-Regierung überstanden.

In ganz Brasilien haben Universitäten Programme um z.B.  zusammen mit den lokalen Guaraní ihre Heilpflanzen zu katalogisieren und als Fitotherapie-Möglichkeiten  zu fördern, aber auch pharmakaologische Verwendungsmöglichkeiten erforschen.

Wie will man so etwas im kleinen argentinischen Bundesstaat Misiones ohne Hilfe umsetzten, so dass Patienten wie Indigene davon profitieren?

 

Zum einen ist es positiv, dass diese alternativen indigenen Heilmethoden da nun anerkannt und gesetzlich gegen allfällige Fehlbehandlungens-Anschuldigungen  geschützt, dies allerdings nur im Bundesstaat Misiones. 

 

Die Mby'a-Guaraní hinterfragen allerdings auch, wie eine Heilung mit indigenen Kräutern, die bei ihnen anhand ihrer gesundheitlichen Weltanschaung, -der Cosmovision- die durch indigenen Zeremonien, und Tänze unterstützt werden, angewendet werden soll.

Viele ihrer indigenen Heilpflanzen werden frisch benutzt, wie soll das gehen?

 

Dra. Mariana hat im April 23 in ihrem näheren Umfeld, wo Mby'a-Guaraní nicht mehr so viel unberührten Wald besitzen und mit der "weissen Welt"

täglichen Kontakt haben, auf Wunsch der lokalen Caciques eine Tagung zusammen mit einem Shamanen für die indigene lokale Jugend organisiert.

Diese Jugendliche, die zwischen denn zwei Welten leben, haben teilweise den "indigenen "Boden unter ihren Füssen, ihre indigene Identität verloren und sind seit Jahrzehnten Selbstmord gefährdet.

Mariana.jpeg

Dra. Mariana

ist argentinische Ärztin

mit Schweizer Wurzeln, mittlerweile pensioniert.

Sie war über 20 Jahre lang verantwortlich für den Bundesstaat Misiones im Nordosten Argentiniens, die medizinische Versorgung Mby'a-Guaraní-Gemeinschaften zu gewährleisten.

Befreundet mit Jorgelina

Dra. Mariana weiss auch, dass  die Rechte indigener Völker an ihrem Wissen zu erhalten, es in öffentlich zugänglichen Verzeichnissen und Datenbanken auszuweisen müssen. Damit  erlangt es über einen "offiziellen" Weg eine allgemeine Bekanntheit.

Dra. Mariana Kurse Heilkräuter
00:00 / 04:05

Natürlich geht es auch darum, der Jugend dieses Wissen wieder zu vermitteln, damit es nicht verloren geht, wenn die Alten wegsterben. Auch interessierte weisse Jugendliche haben mitgemacht und alle kamen zu Schluss eine Lösungen für Heilpflanzen zu finden, die man auch zu Hause im Garten anpflanzen kann und nicht unbedingt lange im Wald dafür suchen muss. 

Dra. Mariana gehört unterdessen zu der alten "weissen Kampfgarde der Unterstützung indigenem Überlebens ". Sie ist mit Jorgelina zwar immer noch super gut befreundet, sieht sich wenn auch mit ihren gut gemeinten "weissen Methoden" aber einer immer stärkeren Kritik seitens der politisch aktiven Indigenen ausgesetzt. Allerdings weiss und akzeptiert das Dra.Mariana auch; Ihre indigene Freundin Jorgelina ist politisch eigenständig geworden. 

Es gibt weltweit unzählige Beispiele von Biopiraterie indigener Pflanzen. Eine der Vorsichtsmassnahme ist, dass man indigene Pflanzen offiziell registriert und dann sollten Länder wie Argentinien und Brasilien, die dem sog. Nagoya-Protocoll beigetreten sind, diese auch schützen, dient als Feigenblatt. Vielmals ist es in die lokale Gesetzgbung gar nicht miteinbezoge., Die Biopiraterie grassiert weltweit.

Für nicht patentierte wissenschaftliche Entdeckungen gilt, dass diese frei zugänglich sind, sobald sie publiziert sind. Solche Ergebnisse dürfen von anderen frei genutzt und weiterentwickelt werden. Vor Einführung der Biodiversitätskonvention gehörte auch traditionelles Wissen zum rechtlich ungeschützten freien Wissen.

Das traditionelle Wissen indigener Völker wird auch als indigenes Wissenssystem (engl. indigenous knowledge system) bezeichnet. Verknüpft damit ist das Forschungsgebiet der Ethnobotanik. Sie untersucht die Nutzung der Pflanzen, ihre Bedeutung für eine Soziokultur und die damit verbundenen Fragen.[19] E

Das paraguayische Recht z.B. unterscheidet zwischen Erfindungspatenten und dem Schutz von Züchtern neuer Pflanzensorten, was die Interpretation über den Schutz indigener Heilpflanzen weit offen lässt.

 

Die Kontroverse entwickelt sich vor allem aufgrund der unterschiedlichen Definitionen von Wissen in traditionellen Gesellschaften und Industrieländern. Traditionelles Wissen ist unpersönliches Wissen der gesamten Gemeinschaft und hat in der Regel keinen namentlich bekannten Entdecker oder Erfinder.[8] Die Weiterentwicklung von traditionellem Wissen durch Wissenschaft und Technik beruht auf Forschern, denen ihre Weiterentwicklung als persönliches Verdienst zugesprochen wird.

Biopiraterie am Beispiel der Stevia Heilpflanze

Jorgelina hat sich schon vor ein paar Jahren mal intensiv mit der Biopiraterie beschäftig; Damals ging es um Stevia, dessen Thema auch heute noch nicht vom Tisch ist, obwohl auch von uns publiziert:

"Stevia rebaudiana" gilt als Heilpflanze, die unter anderem antioxidativ, entzündungshemmend und blutdrucksenkend wirken kann.

 

Doch der Haupthandel ist mit Stevia als Süsstroffersatz; Es wird nach wie vor noch weltweit verkauft, auch wenn unterdessen Coca-Colla Life mit Steviasüsstoff wegen mangelden Verkaufszahlen eingestellt wurde.

2017 / 18

Die Hompage der Schweizer NGO, die damals das Projekt zur Rettung des Urheberrechts von Stevia gestartet hatte, wurde in Sachen Stevia das letzte Mal 2018 upgedated.

Alle Originalbeiträge von 2017/18 wo Co- Authorin Sandra Weiss sich ebenfalls ausführlich mit dem Fall Stevia vor Ort befasst hat.

Es ist nie Geld geflossen so wie man es den Indigenen damals grossmundig in Aussicht gestellt hat. Nicht nur Jorgelina, auch Dra. Mariana fühlt sich daher heute düpiert.

Man ist international mit dem Fall Stevia noch nicht weitergekommen, auch wenn durch diese Aktionen die Biopiraterie mehr Aufmerksamkeit gewonnen hat.

Die ganze Geschichte:

Grösste Gefahr ist
           die Nachahmung in der Nahrungsmittelergänzungs-Industrie

Der Verkauf von originalen, getrockneten Heilpflanzen als Tee oder Tropfen aus indigener Hand ist vor Ort wie im Ausland nur minimal und wird ihnen, -falls ihre Urheberrechte trotzt Veröffentlichung überhaupt eingehalten werden- nicht viel Geld einbringen;

 

Das  Handelsvolumen der weltweite Nahrungsergänzungsmittel-Industrie, die teilweise mit urheberrechtlichen indigene Heilmittel werben, hat vor allem während der Pandemie weltweit bis zu eine Million zugenommen hat. Es ist zwar möglich sie -erheblich teurer-a us der Originalpflanze zu gewinnen, aber dafür sind mehrstufige Herstellungsverfahren notwendig, die schlussendlich auch nicht unbedingt als „natürlich“ ansehen werden, -übrigens ein ungeschützter Begriff, da weltweit diese Produkte nicht auf Qualität und Inhalt geprüft werden müssen.

In den Regalen eines Supermarktes sind Steviaprodukte synthetisch, ein Stoffgemisch aus Steviolglycosiden. 

Bildschirmfoto 2023-05-28 um 12.53_edited.jpg

Rechtliche Situation

Steviolglycoside wurden zwar mal mittels eines chemischen, mehrstufigen Extraktionsverfahrens aus der Pflanze isoliert, hat aber mit seinem „natürlichen Vorgänger“, der Stevia-Pflanze nicht mehr viel gemeinsam. Ausserdem vermischt man sie vielmals z.B. mit synthetisch erzeugten Vitaminen und Bindemittel.

Forschern die traditionelles Wissen wissenschaftlich und technisch weiterentwickeln, wird dies als Schöpfung persönliches Eigentum mit Urheberrechten zugesprochen. Meistens forscht die Industrie. 

Beschissen werden also nicht nur Indigene um ihr Urheberrecht, sondern auch die Konsumenten, der die Werbung indigenens Wissen weismacht.

In Jorgelina​s Wald gibt es einen Baum, deren Rinde sie für Krebsbehandlungen gebrauchen. Sein Name ist vorläufig nur in Guarani bekannt, -also noch nicht offiziell veröffentlicht und registriert, aber es wird nicht lange dauern bis der Lateinische Name bekannt wird, was theoretisch zum Schutz beitragen würde, ihn aber gleichzeitig auch Biopiraterie gefährdet macht.!

Bildschirmfoto 2023-05-24 um 16.14_edited.jpg

Natürlich wird es immer Krebspatienten geben, die sich eine Behandlung mit der originalen Naturheilpflanzen wünschen, nur können sie dann meistens nicht mehr in den Amazonas reisen oder Jorgelinas Mutter Elsa besuchen, um an eine Frischpflanze zu kommen, auch wenn das fast der einzige Weg wäre, über denn die indigene Kräuterfrau wirklich Geld verdienen könnte.

Gefahr der Nachahmung von genetischem Biomaterial für Krebsmittel

Die Forschung für Krebsmedikamente nimmt heute ganz andere Formen an als anfangs 2000. Damals war es wissenschaftlich noch die Norm, dass man die Wirkstoffe direkt aus in der Natur gesammelte Originalpflanzen erforschte, nachdem man sie nach alter "Mütter-Sitte" noch einzeln getrocknet hat.

Im Zeitalter der "Targeted Cancer Therapy - gezielte Krebstherapie -von designten monoklonaler Antikörper" (siehe COVID-Impfstoff)  ist das sammeln in Natura nicht mehr nötig:  

Eine neue Variante der Biopiraterie Gefahr in der Krebsforschung zeichnet sich ab: 2018 begann das „Earth BioGenome Project“16: Innerhalb von zehn Jahren soll das Genom aller aller Zellkern-Pflanzen- und Lebewesen, zu einer Digtalen Sequenz Information sequenziert, katalogisiert und charakterisiert werden.

© Quote Andreas Riekeberg:

"In den letzten 20 Jahren machten die Genomanalyse, die Synthese von DNA und die Proteinanalyse enormeFortschritte. Immer mehr Folgen von Nukleinsäuren in der DNA von Pflanzen und deren Aminosäuren in Proteinen werden erfasst. Sie füllen große Datenspeicher – und eröffnen ein neues Konfliktfeld in Sachen Biopiraterie" was künftig auch die Patentierung der Heilpflanzen in der Krebsforschung vorwärtstreiben wird.

Patentierung von Natur-Heilpflanzen und deren Digitalen Sequenzen

Grundsätzlich sind Erfindungen, die sich auf biologisches Material oder genetische Ressourcen beziehen, patentierbar.

Das Paradebeispiel einer irrwitzigen Patentierung wird noch heute als Paradebeispiel aufgeführt: Anfangs 2000 wurde die amazonas-brasilianische Frucht Cupuaçu für Patente angemeldet. Sie wird bei der traditionellen Heilkunde als  Wundheilungsmittel eingesetzt, ist aber auch für die Kosmetikindustie interessant; sie schützt vor der Sonne und bremst die Hautalterung aus. Eine englische Kosmektik-Patentierung wurde nach ersten Protesten zurückgezogen. 

Cupuaçu ist aus der gleichen Familie wie Kakao und als  Schokolade-Nebenprodukt namens "Cupilate" von einem japanischen Unternehmen erstmal patentiert worden, da der Geschmack das Fruchtfleisch der Cupuaçu-Früchte einen säuerlich-aromatischen Geruch wie Schokolade und Ananas hat. 

Bildschirmfoto 2023-05-26 um 14.16_edited.png

Das Cupuaçu Festival findet seit über 30 Jahren in der Stadt "Presidente Figueiredo" im Bundesstaat Amazonia mitten im Dschungel statt, ist aber in ca.100 km auf der Hauptstrasse von Manaus erreichbar.

Die  Patentierung führte dazu, dass lokale Frauen die für den Festival jährlich selbsthergestellten Schokoladen- Konfekt aus Cupuaçu- "Cupulate" Patentierrechte an die Japaner bezahlen sollten. Internationale Protestbewegungen begannen und als es das EU Parlament schlussentlich die "Erfindung "Cupulate" als "unzureichnend" bezeichnete,  wurde die Patentierung 2005 weltweit mit einer Nichtigkeitserklärungen abgeschafft.

Zusammen mit den Cupuaçu Süssigkeiten der lokalen Frauen lockten sie auch 2022 über 200 000 Besucher an. ist heute noch eines der meist besuchten Festival in dieser Gegend. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Gemeinde Presidente Figueiredo durch das Fest Einnahmen in Höhe von umgerechnet etwa zwei Millionen Euro.

Weltbiodiversitätsrat IPBES

Unterdessen sind unter dem Flagschiff der UN 

Die zwischenstaatliche Plattform für Biodiversität und Ökosystemleistungen (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, IPBES), auch Weltbiodiversitätsrat genannt, ist ein wissenschaftliches Gremium, das 2012 im Rahmen der Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurde. IPBES verfolgt das Ziel, der Politik und der Gesellschaft fundierte wissenschaftliche Informationen über den Zustand und die Entwicklung der biologischen Vielfalt und ihrer Ökosystemleistungen zur Verfügung zu stellen.

bottom of page