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Schmutziges 
              Gold

aus dem Amazonas in Schweizer Banken

von Sandra Weiss

aus

Gold gilt europäischen Investoren in der aktuellen Krise als eine der sichersten Anlagen. Im Jahr 2006 kostete die Unze 525 Dollar, in diesem Jahr 1500. Doch kaum jemand, der einen Barren in den Schliessfächern der Banken liegen hat, fragt sich, woher das Edelmetall kommt. Vielleicht aus dem Dschungel von Peru? 25 Tonnen Gold haben Goldschürfer aus dem  Amazonasgebiet im vergangenen Jahr in die Schweiz verkauft – Ermittlungen wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung laufen derzeit in Peru. Ein lukratives Geschäft.

 

Aber die Folgen des Goldbooms sind verheerend: tausende Hektar abgeholzter Regenwald, vergiftete Flüsse, Ausbeutung, Prostitution. Sandra Weiss hat sich vor Ort umgesehen.

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25 Tonnen Gold haben Goldschürfer aus dem  Amazonasgebiet im vergangenen Jahr in die Schweiz verkauft.

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Verheissung und Verdammnis liegen nahe beieinander in Madre de Dios im peruanischen Amazonas: Der Millionärsstrand grenzt ans Labyrinth, das Paradies an die „kleine Hölle“. Namen, die das Gold schrieb. Seit Jahrhunderten hat sich der feine, glitzernde Staub im Sand der Amazonasflüsse angesammelt. Aus den Eingeweiden der Anden herausgewaschen von kristallklaren Flüssen, über halsbrecherische Wasserfälle und durch tiefe Schluchten hinabgerissen bis ins tropische Tiefland, wo sich die wilden, eisigen Fluten in träge, schlammige Tropenflüsse verwandeln. Die das Gold irgendwo ablegen im schweren, dunklen Sand, zermahlen zu feinem Pulver. Nirgendwo sonst gibt es so feines und reines Gold wie hier. Niemals war der Goldpreis so hoch wie jetzt. Und das ist die Tragödie von Madre de Dios.

Stellenweise hat sich der artenreiche Regenwald in eine Sandwüste verwandelt, eine Mondlandschaft, durchlöchert von Kratern und flankiert von Baumskeletten.

Stellenweise hat sich der artenreiche Regenwald in eine Sandwüste verwandelt, eine Mondlandschaft, durchlöchert von Kratern und flankiert von Baumskeletten. Und mittendrin Ansammlungen von ärmlichen Holzhütten, abgedichtet gegen den Regen mit blauen Plastikplanen: Goldgräbercamps. Nomadensiedlungen auf Abruf. Es gibt kein Trinkwasser, keinen Strom, keine Schulen, keine Strassen - aber improvisierte Supermärkte, Apotheken, Tankstellen, Bars und Bordelle. Und wer mag, kann sich das überteuerte Angebot gegen Gold aufwiegen lassen.

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Knietief steht Adán Quispe* in einem Krater aus Sand, 10 Meter tief, 80 Meter Durchmesser. Schweissperlen rinnen seinen athletischen, nackten Oberkörper herunter. Er ist von Moskitos zerstochen, einige Wunden sind entzündet. An die klirrende Kälte des Andenhochlands ist er gewöhnt, die brütende Hitze des Dschungels zehrt. Doch das zählt jetzt nicht. Konzentriert saugt der Goldsucher mit einem Schlauch unter dem ohrenbetäubenden Lärm des Dieselgenerators feuchten Sand in einen Trichter. Dort wird der Sand mit Wasser versetzt und rieselt ein paar Meter dahinter auf eine Art Rutsche, belegt mit faserigem Teppich. „Chupadera“, der Schlucker, heisst die hier erfundene Maschine unter den Goldschürfern. Was im Teppich hängenbleibt ist „Arenilla“, der schwere, dunkle Sand, in dem sich der Goldstaub versteckt. Mit blossem Auge kaum zu erkennen. Nur manchmal zaubert die Sonne ein verführerisches, flüchtiges Glitzern.

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Mit blossem Auge kaum zu erkennen. Nur manchmal zaubert die Sonne ein verführerisches, flüchtiges Glitzern.

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Der Sand wird mit Besen  aus dem Teppich herausgelöst und in Eimern mit Quecksilber versetzt, um das Gold zu binden. Ungeduldig rührt Adán mit blosser Hand in dem kleinen Sieb aus Naturfasern, um den Prozess zu beschleunigen.  Die Klumpen erhitzt er anschliessend mit einer Art Bunsenbrenner, um das Quecksilber wieder zu verdampfen. Das ist der magische Moment in dem alle innehalten. So viele Hoffnungen ruhen auf dem unförmigen gelben Etwas, mal so klein wie eine Kaffeebohne, mal wie ein Wachtelei!

Der Traum vom eigenen Haus, von einem Auto, vom Studium für die Kinder. Aber mancher Traum dauerte nur wenige Stunden, so mancher Reichtum wurde ebenso schnell verspielt, versoffen und verhurt oder gewaltsam entrissen. So manche Leiche wurde namenlos in einem der vielen Krater verscharrt. Ein Tribut an die Götter, glauben die Goldsucher. Damit Mutter Erde sich weiterhin grosszügig zeigt.

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Das Edelmetall zieht alle in seinen Bann: Arme Schlucker aus dem Hochland genauso wie entlaufene Schwerverbrecher, die Drogenmafia, asiatische Triaden-Bosse und sogar die Ureinwohner des Amazonas, die auf ihrem Stammesgebiet schürfen. Auch multinationale Bergbaukonzerne sollen das illegale Gold aufkaufen – und dann legal exportieren, denunzieren Umweltschützer. Bis zu 600 Soles, rund 180 Euro, kann Adán mit seiner Schufterei am Tag verdienen. Mehr als ein Richter oder ein Minister. Und in Peru liegt viel Gold: 2,5 Milliarden Dollar haben die Eporte 2011 eingebracht;  das Andenland ist der sechsgrösste Goldproduzent weltweit.

Im Zuge des Goldrauschs ist die Provinzstadt Puerto Maldonado in nur fünf Jahren um 40% gewachsen. Importeure von Baggern und Lastwagen wie Yamaha und Caterpillar machen in dem Urwaldnest, in das bis vor einem Jahr noch keine geteerte Strasse führte, Millionenumsätze. Mehr als 50.000 Bauern und Tagelöhner kamen aus dem Hochland in die grüne Hölle des Amazonas. Verzweifelte Familienväter und skrupellose Abenteurer, die nichts zu verlieren haben. So wie Adán.

Mehr als 50.000 Bauern und Tagelöhner kamen aus dem Hochland in die grüne Hölle des Amazonas.

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Für ihn ist Zeit Gold. Der 25jährige rackert auf Kommission in 24-Stunden-Schichten. Findet er etwas, bekommt er 25%, der Rest geht an den Besitzer der Konzession, der davon die Maschinen wartet, den Treibstoff und das Essen bereitstellt. Acht Gramm findet Adán an guten Tagen. Manchmal ein halbes Kilo – oder auch gar nichts.

Die Flussbetten sind tückisch und ändern von Jahr zu Jahr ihren Lauf. Wo heute Urwald ist, war vor 50 Jahren vielleicht ein Fluss. Um das herauszufinden, muss man die Bäume fällen und die Erde aufwühlen. 32.000 Hektar Urwald wurden in der Region bereits abgeholzt, „Fische gibt es kaum noch, und die wenigen sind wegen der Schwermetallbelastung ungeniessbar“, warnt César Ipenza von der Umweltschutzorganisation SPDA: „Das Gold aus dem Amazonas trägt Ausbeutung, Prostitution und Umweltzerstörung in sich.“

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Mittlerweile stehen die Goldsucher vor den Toren des grössten Naturparks in Madre de Dios, und die Regierung hat endlich die Alarmrufe erhört. „Er packe jetzt den Stier bei den Hörnern“, verkündete Präsident Ollanta Humala. In den vergangenen Monaten zerstörte das Militär dutzendweise Maschinen, rationierte die Treibstoffversorgung, verbot den Ankauf von Gold und räumte Goldgräbercamps. Es gab Proteste, drei Tote - und einige Erkenntnisse über die illegalen Geschäfte und ihre Verzweigungen bis nach Europa.

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Vor allem als Zwischenhändler wie Oro Fino und UMT unter die Lupe genommen wurden. Noch im Vorjahr habe UMT illegal und am Fiskus vorbei über die Fluglinie KLM mehr als 19 Tonnen Gold im Gegenwert von 900 Millionen US-Dollar in die Schweiz geflogen und der Firma MKS Finance in Genf übergeben, berichtete die Zeitung „El Comercio“unter Berufung auf Dokumente der Staatsanwaltschaft. Oro fino habe unter dem Namen AS Peru&Cia 2011 vier Tonnen illegales Gold in die Schweiz geliefert, Empfänger sei die Firma PAMP in Genf gewesen, eine Tochtergesellschaft der MKS.

„Das Gold aus dem Amazonas trägt Ausbeutung, Prostitution und Umweltzerstörung in sich.“

Es werde beispielsweise geprüft, ob die Geschäftspartner auf schwarzen Listen für Geldwäsche oder Terrorismus stünden.

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Den Exporteuren drohen nun acht Jahre Haft wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Zu den Schweizer Importeuren äusserte sich die Staatsanwaltschaft zunächst nicht. Die Firma MKS erklärte auf Anfrage, sie habe nichts gewusst von den Vorwürfen und bemühe sich um grösstmögliche Transparenz beim Ankauf von Gold. Es werde beispielsweise geprüft, ob die Geschäftspartner auf schwarzen Listen für Geldwäsche oder Terrorismus stünden. Die Geschäfte mit peruanischen Partnern hätten aber geltenden Regierungsvorschriften  entsprochen, insbesondere der Herkunft aus legalen Minen. Dennoch überprüfe die Geschäftsleitung derzeit die Informationen und die Geschäftsbeziehung zu den Partnern in Peru.

*Name auf Wunsch geändert

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